Der Schüßler-Spezialist

Nr. 12 - Ausführliche Formulierung der Charakterlandschaft

 

1          Zusammenhänge zwischen Nr. 12 Calcium sulfuricum und bestimmten charakterlichen Strukturen

Der Mineralstoff hat mit der Farbe alabasterweiß zu tun. Als das Gegenteil von weiß ziehen die beiden weiß und schwarz vor allem Menschen an, die gerne in Gegensätzen denken, fühlen und ihre Handlungen danach ausrichten.

 

1.1        Polarisierung

Im Zuge der Idealisierung sind viele Menschen zu einer Haltung gekommen, in der sie sich für eine Einstellung des „entweder - oder“ entschieden haben. Dazu gehört auch die Formulierung vom „alles oder nichts“ oder „Ich bin nicht für halbe Sachen!“ oder „Dann lass ich es eben ganz!“

Diese Einstellung wirkt sich auch auf die Beziehung zu den Menschen aus. Sie sind dann entweder ganz offen, oder ganz zu, was beides in den Bereich von naiven Haltungen gehört. Aber wie oft ist der Satz zu hören: „Ich bin für alles offen!“ Dann wundern sich die Menschen, wenn „ein jeder“ im Haus ihrer Seele herumtanzt. Wird allerdings das andere Extrem, nämlich die totale Verschlossenheit, gelebt, vereinsamt der Mensch. So schwankt der Mensch zwischen den Extremen und tut sich schwer, das rechte Maß zu finden.

Ganz leicht kann er sich mit folgendem Satz anfreunden: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ Dieser Satz hat fatale Folgen, denn es muss nicht jeder Mensch Stellung zu mir beziehen. Es gibt auch eine sehr indifferente Haltung zum anderen, in der wegen Zuneigung noch Ablehnung vorhanden ist, eher etwas Abwartendes, wenn man sich einander näher kommt. Der Mensch, der im Gefängnis der oben beschriebenen Strukturen ist, muss den anderen unbedingt und sofort in eines der beiden Lager einstufen können, denn dann weiß er, wie er dran ist.

Da erfolgen dann vorschnell Beurteilungen, Bewertungen, Einstufungen, Schubladisierungen, die eigentlich tödlich sind. Sie lassen den anderen nicht leben. Hier wird nach einmal sehr deutlich, was Emanuel Levinas, der bekannte Philosoph der Ethik, mit seinem Satz gemeint hat: „Wenn dich jemand anschaut, fragt dich sein Antlitz: ‚Wirst du mich töten?’“ Es fragt dich das Antlitz des anderen nicht: „Lässt du mich leben?“, sondern: „Wirst du mich töten?“ Es ist diese Frage einfach radikaler, aufrüttelnder und täte der heutigen Zeit mit ihren Vorurteilsklastern sehr gut, wäre regelrecht heilsam.

 

1.2        Verkapselung, Isolierung

Die Verkapselung hat ihre Ursache in der Angst um sich selbst, die totale Offenheit in der Angst um den anderen.

So kommt es, dass Menschen aus dem Schock, aus eigenem keine Beziehung zu einem anderen Menschen aufbauen zu können, vor Schreck erstarren und in Form von zwei relativ bekannten Phänomenen reagieren:

  • Entweder der Mensch hat auf Grund der traumatisierenden Erlebnisse überhaupt auf ein Eigenleben verzichtet und klebt dann förmlich auf einem anderen drauf. Er meint, dass er sich total um den anderen kümmert. Tatsächlich ist es eigentlich Egoismus, denn er muss sich ja unbedingt um den anderen kümmern, auf dessen „Füßen er symbolisch gesehen“ er immer steht. Was sollte er ohne diesen Menschen tun, an den er sich mit allen Seelenkräften klammert. So kommt es, dass dann auf Grund der leidvollen Erfahrungen in der Kindheit der Sohn mit 50 immer noch bei seiner Mutter lebt und wenn er sich in eine Freundin verliebt, die der Mutter nicht recht ist, diese ihm dann das Bankkonto sperrt, was tatsächlich sich ereignet hat. Oder dass ein 55 Jähriger immer noch bei seiner Mutter im Schlafzimmer liegt und er es trotz Freundin, von der die Mutter nichts wissen darf, es nicht schafft, sich wenigstens ein wenig zu lösen. Aber nicht nur Söhne bleiben bei ihren Müttern, auch Töchter und vor allem bleiben Töchter bei ihren Müttern aus den beschriebenen Gründen, aber nicht nur, wie hier angemerkt werden muss. Einseitigen all zu eindeutigen Erklärungen sollte man immer skeptisch gegenüber stehen.
  • Auf der anderen Seite gibt es die Mehrzahl der Menschen, die im Beziehungsverlustschock sich völlig zu isolieren beginnen. Sie haben Angst um ihr Leben und versuchen, völlig unabhängig zu werden. Innerlich sind sie erfüllt von dem „Nie mehr wieder“. Gemeint ist dabei, dass sie sich nie mehr wieder auf einen Versuch einlassen werden, eine Beziehung aufzubauen.
  • Es gibt dann auch noch Menschen, die gar nicht wissen, wo sie gelandet sind. Sie verhalten sich unangemessen und haben kein Gefühl für Nähe oder Distanz, auch nicht in ihren Formulierungen. Sie landen in der so genannten Distanzlosigkeit.

 

1.3        Stau

Stau der Gefühle, Stau der Lebensfunktionen, Stau des Gewebes, Abkopplung, Innere Abkopplung, (Demenz – Alzheimer)

 

1.4        Öffnung

Beide Formen der Reaktion führen den Menschen in eine Falle. Und immer ist es die Angst, einmal um den anderen und das andere Mal um sich selbst.

  • Nimmt die Angst um das eigene Leben ab, kann sich die Zuwendung auf den anderen hin immer öfter ereignen. Damit wird es möglich, sich auf den anderen einzulassen.
  • Nimmt die Angst um den anderen ab, nimmt der Mut, zum eigenen Leben zu stehen, zu. Das Vertrauen ins eigene Leben wird stärker; der Mut, sich auf dieses einzulassen, wächst.

Es zeigt sich die gegenseitige Abhängigkeit der beiden Haltungen, was den Charakter dieses Mineralstoffes als Funktionsmittel der Bindegewebsröhren deutlich zu Tage treten läßt. Gemeint ist damit die Verbindung des inneren Lebens mit dem äußeren und der damit verbundene Fluss des Austausches der beiden Bereiche.

 

1.5        Lockerung

In einer Lockerung der Blockade ist der Mensch dann unterwegs von der Angst um sich selbst zur Zuwendung zum anderen. Aus der sich verschließenden Abgrenzung entwickelt sich eine geöffnete Abgrenzung. Ein teilweises, begrenztes, unter Umständen auch reserviertes Eingehen auf den anderen ist nicht mehr unmittelbar an die Angst gekoppelt, ihn zu verlieren.

Es entwickelt sich der Mut, jemanden auf sich zukommen zu lassen, aber auch sich von jemandem zu distanzieren. Dabei wird dann auch immer konsequenter die Auswahl der Menschen getroffen, mit denen man kann und auch will.

 

1.6        Fluss des Lebens

Der lebendige Fluss zwischen innen und außen betrifft auch die Erfahrungen, die einmal gemacht wurden. Durch neue Erfahrungen werden die einmal formulierten Antworten auf diese in Frage gestellt. Bewährte Antworten, welche sich in abgewandelter Form immer wieder bestätigen, können beibehalten werden. Antworten, welche sich als Eintagsfliegen entpuppen und nicht mehr anwendbar sind, sollten über Bord geworfen werden. Dazu ist es notwendig, den Erfahrungshintergrund immer wieder auf neue Möglichkeiten zu überprüfen.

Als der Mineralstoff, der Brücken baut, der zwischen innen und außen vermittelt, hat Calcium sulfuricum eine große Bedeutung.

Er zeigt die Notwendigkeit auf, dass Menschen nicht nur bei sich sein dürfen, weil sie dadurch die Welt aus den Augen verlieren, aber auch nicht nur in der Welt sein sollten, weil sie dadurch sich aus den Augen verlieren.

Er sollte bei sich sein und die Welt nicht aus den Augen verlieren, oder in der Welt und dabei sich selbst nicht aus den Augen verlieren.

Damit kann er sich, in dem er sich mit in die Welt nimmt, auch zur Welt kommen. Er kann auch die Welt bei sich zu Gast haben, weil er sie in sich einlässt.

 

Affirmation

Die befreiende Einstellung zu diesem Mineralstoff heißt: „Die Verkapselung hat ihre Ursache in der Angst um sich selbst, die totale Offenheit in der Angst um den anderen.

·      Nimmt die Angst um das eigene Leben ab, kann sich die Zuwendung auf den anderen hin immer öfter ereignen. Damit wird es möglich, sich auf den anderen einzulassen.

·      Nimmt die Angst um den anderen ab, nimmt der Mut, zum eigenen Leben zu stehen, zu. Das Vertrauen ins eigene Leben wird stärker; der Mut, sich auf dieses einzulassen, wächst.“