Der Schüßler-Spezialist

Nr. 3 - Ausführliche Formulierung der Charakterlandschaft

 

1          Zusammenhänge zwischen Nr. 3 Ferrum phosphoricum und bestimmten charakterlichen Strukturen

Der erste Mineralstoff Calcium fluoratum baut für den Organismus die schützende Hülle auf. Der zweite Mineralstoff Calcium phosphoricum erfüllt die Hüllen mit Leben. Der dritte Mineralstoff Ferrum phosphoricum nun ist jener, der mit der Auseinandersetzung mit der Welt zu tun hat. Das durch die beiden ersten Mineralstoffe ermöglichte Leben kommt in Reibung mit der äußeren Welt genauso wie mit der inneren.

 

1.1        Die Reibung mit der Welt

Die Reibung entsteht durch ein Auseinanderfallen der Geschwindigkeiten, mit der sich Leben bewegt. Die Natur hat ihren Rhythmus schon seit undenklichen Zeiten. Menschen haben dazu manchmal einen schnelleren Rhythmus, eine schnellere Bewegung. Auch der umgekehrte Vorgang ist möglich. Außerdem haben die Menschen untereinander unterschiedliche Lebensrhythmen, so dass es auch in dieser Hinsicht zu Reibungen kommen kann. Die Reibung entsteht bei offenen Zahnpastatuben, wenn etwas auf dem Wohnzimmertisch liegt, was dort nicht hingehört, wenn der Badevorleger nicht im Muster der Kacheln liegt, wenn der Sohn/die Tochter noch immer nicht mit der Hausübung begonnen hat, der Mitarbeiter so richtig langsam arbeitet (heut einmal was tut und morgen wieder) usw.

Eine Reibung mit der inneren Welt liegt vor, wenn (die nach innen genommenen) Erwartungen, Vorstellungen und Ideale mehr fordern, als erbracht werden kann. Dann liegt es am Mut des Einzelnen, solche Tyrannen zu stürzen, die inneren und die äußeren. Manchmal ist dies ohne Hilfestellungen durch eine gute Beratung kaum möglich.

Menschen beschäftigen sich im Laufe ihres Lebens mit verschiedenen Themen, verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, so dass es nie eine Aussage über den Sinn des Lebens allgemein als Norm, die für alle gültig ist, geben kann. Jeder einzelne Mensch selbst gibt dem Leben einen Sinn durch das Umsetzen erfühlter und gespürter Werte ins Leben. Die verschiedenen Inhalte können Schwerpunkte für das ganze Leben oder für bestimmte Zeiträume sein.

Die Bearbeitung der verschiedenen Inhalte umfasst nicht nur die verschiedenen Altersstufen, wie die Kindheit, die Jugend, das Erwachsenenalter, die Zeit des älter-Werdens und die Zeit des Alters. Das betrifft auch verschiedene Themen wie das Lernen, die Gesundheit, die Leidenschaft, die Familie, das Single-Dasein, den Besitz, den Beruf, das Helfen, den Glauben oder was immer.

 

1.2        Auslieferung oder Gestaltung

Von entscheidender Bedeutung ist es allerdings, wie der Mensch mit diesen Bereichen umgeht, wie diese Inhalte bearbeitet werden. Das jedoch hat sehr viel mit seiner Erziehung zu tun, mit seiner Umgebung, sicher auch mit der Zeit, in die er hineingeboren wurde.

Es gibt vorwiegend zwei Grundzüge, mehr oder weniger stark ausgeformt, in denen diese Bearbeitung vor sich geht. Dabei gehen die Menschen mit den gleichen Bereichen, die anstehen, verschieden um. Dabei werden die Grundzüge des Charakters sichtbar:

  • ob sich jemand dem Leben ausgeliefert fühlt und passiv darauf wartet, dass über ihn bestimmt wird,
  • oder zur Gestaltung der Umwelt aufgefordert, worunter leider oft genug verstanden wird, der Umgebung seinen Willen aufzuzwingen.

Ein Phänomen besonderer Art zeigt sich dadurch, dass diese beiden Grundhaltungen in einem Menschen abwechselnd stattfinden, je nachdem, mit welchem Gegenüber er zusammen ist.

Auf der einen Seite ist das passive Ausgesetzt-Sein des Menschen, das ihm keine andere Wahl läßt, das Leben zu bewältigen. Er muss hindurch, um zu überleben. Zumindest fühlt er es so! Gemeint sind damit auch viele äußere Umstände, die den Menschen herausfordern, oft auch überfordern! Es handelt sich dabei um das „Gerieben-Werden“. Manchmal besteht sogar die Gefahr, dass jemand „zerrieben“ wird.

Auf der anderen Seite steht der Mensch, der sich an allem reibt, weil er alles ändern will, weil er glaubt, überall gefragt zu sein. Er ist einer, der alles übergenau und mehr als hundertprozentig erfüllen will. Dabei hat er große Probleme, sich auf eine Situation angemessen einzustellen und schießt im Übereifer gleich darauf los und „über das Ziel hinaus“. An ihm reibt sich seine Umgebung und es ist leicht möglich, dass jemand an ihm „heiß läuft“.

In beiden Situationen, der passiv-ausgelieferten und der über-aktiven, sind die Menschen in Zwanghaftigkeiten, in innere zwingende Vorstellungsbilder vom Leben, gefangen, eingesperrt. In der überaktiven Einstellung liegt der Zwang im Inneren des Menschen und in der passiv-ausgelieferten in der ihn umgebenden Welt. Auf jeden Fall findet ein zu hoher Verschleiß an Lebensenergie aber auch an körperlichen Grundlagen wie Mineralstoffvorräten statt, was sich vor allem im angegriffenen Eisenhaushalt zeigt.

Liegt ein Mensch auf seinem Schlafplatz auf sehr starken Störfeldern, hat er viele Amalgamfüllungen im Mund, ist er auf seinem Arbeitsplatz mit einem unangenehmen Vorgesetzten, oder auch in der Schule mit diktatorischen Lehrern oder rücksichtslosen Mitschülern konfrontiert, wird eine Mutter von drei Kindern von ihrem Mann allein gelassen, brechen Not oder Katastrophen über einen Menschen herein[1], dann ist die besondere Leistungsfähigkeit des Menschen herausgefordert. Dabei können vor allem die Eisenvorräte nicht mehr aufgefüllt werden, weil sie einen langwierigen Prozess der Aufnahme beanspruchen.

 

1.3        Übertreibung

Steigert sich ein Mensch zu sehr in eine Sache hinein, in ein Thema seines Lebens, kann es leicht im Fanatismus ausarten, ganz gleich auf welchem Gebiet, wenn er alles und jedes zurechtrücken und korrigieren muss, wenn er glaubt, dass die Firma nur durch ihn überleben kann, wenn er die Verantwortung „für die ganz Welt“ auf seine Schultern lädt, wenn er sich durch verinnerlichte Strukturen, an die er gefesselt ist, gezwungen fühlt, jede mögliche Bedrohung für das Leben in einer „unendlichen“ Absicherungsgeschichte ausschalten zu müssen, dann immer verliert er das Augenmaß für die angemessene Einstellung zur jeweiligen Situation. Er übertreibt und damit kommt es zu einer zu grossen Reibung mit und in der Welt. Er ist dann nicht im Fluss des Lebens, sondern verbraucht seine ganze Energie, das Leben zu „vergewaltigen“.

Die Lösung der beiden Situationen liegt in einer inneren Lockerung. Man kann auch Gelassenheit sagen, aber das ist wohl eine Überforderung. Immer wieder entsteht eine Spannung, in der man die Situation nicht sein lassen kann, wie sie ist. Auf der einen Seite wird es nötig sein, zu erkennen, was sich nicht verändern läßt und es auch in Ruhe zu lassen. Es bedeutet dies eine ganz gewaltige innere Leistung. Auf der anderen Seite geht es um die Lockerung den eigenen inneren Vorstellungen gegenüber, dass sie nicht unbedingt ins Leben, in die Realität umgesetzt werden müssen, vor allem eben nicht in „idealistischer Weise“, sondern den Umständen angemessen. Leben ist in jedem Fall „die Kunst des Möglichen“.[2]

 

1.4        Rastlosigkeit, Ruhelosigkeit

Vermeidungsverhalten auf Grund einer traumatischen Prägung

Der hauptsächliche Hintergrund für Strukturen, die den Menschen rastlos oder ruhelos werden lassen, ist das Erlebnis extremer Gefährdung des eigenen Lebens. Das waren Momente, in denen die Unerträglichkeit des Ereignisses so groß war, dass es zu einer Entfremdung vom eigenen Erleben, den Gefühlen kam. Der daraus entstandene innere Druck, niemals mehr im Leben einer ähnlichen Situation begegnen zu wollen, die auch ähnliche Gefühle auslösen würde, ist sehr groß. Das hat zur Folge, dass der Betroffene kaum mehr verweilen kann; er hält es an einem Ort nicht mehr aus; er verträgt kaum Ruhe oder Entspannung. Auch im Gespräch springt er von einem Thema zum anderen. Alle diese Strukturen bewirken unter anderem einen hochgradigen Verschleiß an Ferrum phosphoricum.

Als Folge einer Fehlsteuerung der Schilddrüse ist es leicht möglich, dass die Lebensgeschwindigkeit unnatürlich schnell, also hochtourig, oder unnatürlich langsam bzw. niedertourig wird. Läuft der Mensch auf sehr hohen Touren, verbraucht er auch sehr viel vom Betriebsstoff Ferrum phosphoricum.

 

1.5        Gefährdung des Lebens

Ein Gefühl der Gefährdung des eigenen Lebens versteckt sich auch hinter jener Struktur, die sich im Bestreben zeigt, einem anderen oder sich Selbst etwas beweisen zu müssen, oder wenn die Frau „ihren Mann“ stehen muss. Die Ursache ist in einem verschütteten Zugang zum eigenen Wert, dem Grundwert zu suchen. Dadurch wird die Wertzuschreibung von außen gesucht. Der innere „Stand“ ist dann nicht besonders und man ist dauernd auf die Rückmeldungen aus der Umgebung angewiesen. Da der in dieser Weise Agierende glaubt, dass der Zuwendungsfluss mit dem Grade der Perfektionierung der Ansprüche an sich und der gebotenen Leistung steigt, kommt er in eine immer drückendere Tyrannei, welche von den von ihm erwählten Idealen von Leistung und Selbstdarstellung ausgeht.

Daraus entsteht eine unentwegte innere Reibung.

 

1.6        Distanzierung

Die Kontaktnahme zur Welt ist ein entscheidender Schritt im Leben. Sie sollte weder verängstigt noch leichtsinnig angegangen werden. Weder sollte man sich gegen die Welt nur zur Wehr setzen, noch mit ihr verschmelzen. Das Bemühen richtet sich auf die Distanzierungsfähigkeit von sich und der Welt, wobei die Distanz nicht eine Abkühlung der Gefühle meint, sondern eine Verringerung von zwanghaftem Geschehen, eine Verringerung der Überflutung von Gefühlen. Die Distanzierungsfähigkeit ermöglicht dem Menschen, der Welt gegenüber zu treten, damit ist er ihr weder ausgeliefert, noch von ihr abgekapselt. Dabei muss er sich aus den Zwanghaftigkeiten herausarbeiten, die ihn an den Ereignissen kleben lassen, denen er ausgeliefert ist. Auch ist es notwendig, die inneren Tyrannen vom Thron zu stürzen, vor denen sich zu verneigen er andauernd versucht ist.

Es ist ein Zustand der inneren Umzingelung, aus der sich der Mensch befreien muss.

 

1.7        Einwilligung in das Leben und seine Bedingungen

Der innere Abstand zur Welt und zu sich selbst ermöglicht dem Menschen den Zugang zur Freiheit. Nur diese gibt den Raum, in dem sich der Mensch tatsächlich mit seinem Leben auseinandersetzen kann und in dem er Wahlmöglichkeiten hat. Aus der Einwilligung ins Leben verliert sich der Widerstand, entsteht Vertrauen und werden die anstehenden Themen und Probleme angemessen bearbeitet. Dadurch ist es möglich in den Fluss des Lebens zu kommen.[3]

 

1.8        Viele Menschen reiben sich,

dass sie nicht der Sohn geworden sind, der sie sein sollten,

der verpatzte Bub

an dir ist ein Bub verloren gegangen

dass sie nicht in Italien/Schweden oder ... geboren sind

dass sie die Eltern/Geschwister haben, die sie haben

dass sie nicht so reich sind, wie ...

dass sie nicht schweben/fliegen können

dass sie in dieser (ach so schnöden Welt) leben müssen

Frankl: „Das Selbst ist der Raum, in dem die Person atmet!“

 

1.9        Die Zeit der Schwangerschaft

Eine ganz wunderbare und aufregende Situation für Frauen, in der sie zwar auch überfordert sind, aber „der Preis gerne bezahlt wird“, ist die Zeit der Schwangerschaft. Der Organismus der Frau muss die Versorgung des Menschenkindes ermöglichen und kommt dabei oft bis an die Grenzen. Die Mineralstoffvorräte werden bis an die Grenzen des Erträglichen ausgepumpt, um ein gesundes Kind zu ermöglichen. Ganz besonders wird der Ferrum phosphoricum Haushalt beansprucht. Die Frau muss sich ja auch innerlich mit dem ankommenden und heranwachsenden Leben auseinandersetzen. Sie müssen auch zu ihrer inneren Einwilligung finden.

Leider haben schwangere Frauen aber auch noch oft genug andere Sorgen, wie zum Beispiel: ob das Kind willkommen ist, wie sich die wirtschaftliche Situation gestalten wird oder wie man in der kleinen Wohnung zurechtkommen soll.

Wenn die Frau von einem liebevollen Partner begleitet wird, der sich mit ihr auf das ankommende Menschenkind freut, werden die Risiken auf ein Minimum herabgesetzt. Auch die Überforderung durch Probleme, die die eigene Existenz gefährden, fallen weg. Die positive dem entstehenden Leben zugewandte Einstellung des Partners bedeutet für die schwangere Frau eine so große Entlastung, dass von vornherein kaum schwerwiegende Probleme entstehen.

 

Affirmation

Die befreiende Einstellung zu diesem Mineralstoff heißt: „Ich darf mich mit der Welt so intensiv auseinandersetzen, wie es mir möglich ist!“


[1] Ein bleibendes beeindruckendes Zeugnis dafür, wie solche Situationen trotz allem bewältigt werden können, hat Viktor Frankl in seinem kleinen, sehr empfehlenswerten Büchlein: „... und trotzdem Ja zum Leben sagen!“ dargestellt. Er hat es im Jahre 1945 geschrieben, als er nach den entsetzlichen Erlebnissen aus vier Konzentrationslagern nach Hause gekommen war.

Frankl, Viktor E.: ... trotzdem Ja zum Leben sagen

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1982, 9. Auflage 1990, TB 10023

[2] Aus dem Manuskript von Thomas Feichtinger: „Ermutigung zur Lebendigkeit“

[3] Ein empfehlenswertes Buch zu diesem Thema:

Peter Schellenbaum: Nimm deine Couch und geh, München: Deutscher Taschenbuchverlag, 1994